Altglas: Carl Zeiss Jena Tessar 2.8/50 T

Meyer Görlitz Domiplan 50mm f/2.8 Weinglas Bokeh

Altglas: Carl Zeiss Jena Tessar 2.8/50 T

Meyer Görlitz Domiplan 50mm f/2.8 Weinglas Bokeh

Hinweis:  Im Moment arbeite ich größere Ergänzungen in diese Seite ein.

Geschichtliche Entwicklung

Im Jahr 1902 meldete Paul Rudolph eine Objektivkonstruktion mit 4 Linsen unter der Bezeichnung Tessar für die Firma Carl Zeiss zum Patent an.  Das Tessar stellt einen großen Fortschritt bei der Konstruktion von Objektiven dar, da erstmals alle wichtigen Abbildungsfehler in einem Objektiv korrigiert werden konnten. Es erwarb sich schnell den Ruf als „Adlerauge“ und „Schärfenwunder“, u.a. weil es eine hohe Schärfe bis zum Bildrand erreichte. Zudem war das Tessar durch seinen einfachen Aufbau gut für eine Massenproduktion geeignet.

Im Herbst 2023 überlegte ich, ein Tessar 2.8/50 anzuschaffen.

  • Nach meinen Erfahrungen mit dem Industar-2 3.5/50 wollte ich ein lichtstärkeres und hochwertigeres Tessar.
  • Meine bisherigen alten Objektive zeigen abgeblendet auf f/2.8 kaum noch spezifischen Charakter und zumeist deutlich sechseckige Bokehmuster. Daher überlegte ich schon länger, ein Objektiv mit Anfangsblende f/2.8 anzuschaffen.
  • Ich wollte ein Objektiv mit möglichst vielen Blendenlamellen, damit die Bokehmuster auch beim Abblenden nahezu kreisrund bleiben. Modelle mit 14 Blendenlamellen werden jedoch als seltene Raritäten gehandelt.

Das Altix-Tessar mit T

Aus verschiedenen technischen Gründen kaufte ich im Oktober 2023 eines der häufig angebotenen, günstigen Varianten mit Altix-Anschluss, 12 Blendenlamellen und rotem „T“, welches ich auf M42 umbaute. Es hat die Seriennummer 4092727 und ist ca. 1955 hergestellt [8🔗].

Das Objektiv war hervorragend erhalten.  Nach Angaben des Vorbesitzers wurde es kaum benutzt und lag jahrzehntelang im Wohnzimmerschrank.  Fotos vom Umbau sind unten zu sehen.

Carl Zeiss Jena Tessar 2.8/50 rotes T Bokeh Rotweinglas Fotograf Brautkleid

Am Ostermontag 2023 unternahm ich eine Radtour von Bad Dürrenberg nach Naumburg, wobei ich das Pentax Asahi 1.4/50 ausführlich testete.  Im April 2024 unternahm ich, wiederum bei sehr sommerlichen Wetter, fast die gleiche Tour, diesmal jedoch mit dem Altix-Tessar (gelbbraune Vergütung, rotes „T“).  Bei einigen Fotos zur Mittagszeit hatte ich erhebliche Probleme mit der Farbabstimmung.

Das M42-Alu-Tessar mit blauer Vergütung

Im April 2024 bekam ich auf einem Flohmarkt ein ebenfalls sehr gut erhaltenes Exemplar mit Aluminiumgehäuse für M24 mit 12 Blendenlamellen ohne rotem „T“.  Es hat eine auffallend hellblaue Vergütung und trägt die Serienummer 4320585.  Die Anpassung auf Canon EF war, wegen des hinten weit herausstehenden Gehäuses, recht schwierig.  Fotos vom Umbau sind unten zu sehen.

Das Altix-Tessar ohne T

In meinem 3er-Pack vom Flohmarkt war ein sehr gut erhaltenes, späteres Modell mit Altix-Anschluss ohne rotem T. Es trägt die Seriennummer 5079149 und wurde 1956 gebaut. Ich habe die Flügel komplett heruntergefeilt und einen M39/M42-Adapter angeklebt, um es auf M42-mount zu bringen. Es hat 12 Blendenlamellen. Ich kann bei den Fotos keine Unterschiede zu dem älteren Altix-Tessar mit T erkennen.

Das schwarze Modell

Nach den Zebras wurden in der DDR ab 1974 drei schwarze Modelle mit Springblende, A/M-Umschalter, 5 Blendenlamellen und Mehrschichtvergütung gebaut, die, bis auf geringe Unterschiede im Design, identisch aufgebaut waren [4 8🔗].  In meinem 3er-Pack vom Flohmarkt im März 2025 war ein Modell mit der Seriennummer 10745410 aus der mittleren Phase von 1976 bis 1984.  Die Entfernungsskala in Fuß ist in grüner Farbe gehalten, und der Rand am Fokusring ist noch verchromt.

Die Blendenlamellen bewegten sich nicht mehr, wobei eine permanent geschlossen, die anderen ständig offen waren.  Ansonsten war das Objektiv in einem sehr guten Zustand.

Ich habe zunächst einige Fotos mit der defekten Blende gemacht.  Dann ist eine bizarre Kausalkette eingetreten: Ich wollte eine Lilie im Gegenlicht fotografieren.  Als ich einen Step-Up-Ring abschrauben wollte, schraubten sich die vordere Abdeckung und der Befestigungsring der Frontlinse mit ab.  Somit fiel unerwartet die Frontlinse auf die Glasplatte vom Tisch.  Ich baute die Frontlinse sofort wieder ein und ging zu der Lilie, wo ich jedoch keine Schärfe in das Bild bekam.  Ich hatte die Frontlinse falsch herum eingebaut.

Wieder in der Wohnung wollte ich die Frontlinse drehen, allerdings war der Befestigungsring verklemmt, dass ich ihn nicht herausschrauben konnte.  Dort sind keine Kerben, um Werkzeug anzusetzen.  Es gab jedoch zwei Löcher, an denen ich Werkzeug ansetzen und die gesamte Baugruppe aus den beiden vorderen Linsen herausschrauben
konnte.  Diese Baugruppe dient jedoch auch als Befestigung der Blendenmechanik.  Es lockerten sich zwei Ringe und die Blendenlamellen fielen heraus.

Hier beschloss ich, eine komplette Restaurierung den Objektivs zu versuchen.  Dabei feilte ich auch den Steg ab, um an der Vollformat-DSLR auf unendlich fokussieren zu können.  In den Befestigungsring der Frontlinse konnte ich zwei Kerben für das Werkzeug feilen und die Frontlinse drehen.  Die Restaurierung ist weiter unten dokumentiert.


Fotos der Objektive

Fazit

Bei den ersten Aufnahmen war ich von dem Seifenblasenbokeh angenehm überrascht.  Das Tessar kann seine Verwandtschaft mit dem Cooke-Triplet nicht leugnen.

Seinem Ruf als „Adlerauge“ und „Schärfenwunder“ wird es allerdings nicht ganz gerecht.  Man muss hierbei zum einen bedenken, dass der gute Ruf des Tessars vor über 100 Jahren entstanden ist und die Entwicklung natürlich weiter gegangen ist.  Zum anderen denke ich, dass man bei der Erhöhung der Lichtstärke Kompromisse bei der Schärfe gemacht hat.

Trotzdem ist mein Tessar 2.8/50 ein sehr gutes historisches Objektiv.  Seine große Stärke besteht darin, dass das Bokeh aufgrund der 12 Blendenlamellen auch beim Abblenden kreisrund bleibt.  Aus diesem Grund ist es sehr interessant für künstlerische Fotografie, wenn man Blenden von f/2.8 und kleiner verwenden möchte.

Wer sich ein Tessar anschaffen möchte, sollte defintiv zu einer Variante mit 12 (oder 14) Blendenlamellen greifen.  Exemplare für Altix-Anschluss sind leicht anzupassen und zumeist günstiger als Domiplan oder das Industar-2.  Wer eine hohe Schärfe bei f/2.8 benötigt, sollte sich jedoch nach anderen Objektiven umsehen.

Quellen: 1 2 3 4 5 6 7 8 (externe Links 🔗)