Altglas: Pentax Asahi Opt. Co., Auto Takumar 1.8/55, Zebra
Altglas: Pentax Asahi Opt. Co., Auto Takumar 1.8/55, Zebra
In den Jahren nach dem 2. Weltkrieg wollte die aufstrebende japanische Industrie auch im Bereich der Fototechnik auf dem Weltmarkt erfolgreich sein. Dazu benötigte man neben hochwertigen Kameras vor allem ein sehr gutes, lichtstarkes Objektiv mit der Normalbrennweite von 50mm. Dieser sehr ambitionieren Zielstellung ist man bei dem Unternehmen Asahi Kōgaku Kōgyō K.K. in den 1950er Jahren sehr nahe gekommen, wobei man sich zunächst auf die Entwicklung eines 55mm-Objektivs mit einer Lichstärke von f/1.8 konzentriert hat.
Das Takumar 1.8/55 ist beständig weiterentwickelt und modifiziert worden [1🔗]:
- Ca. 1960 wurde die Anzahl der Blendenlamellen von 10 auf 6 reduziert. Seltene Prototypen haben 8 Blendenlamellen. Die Mechanik der Blende wurde mehrfach verändert. Versionen mit Vorwahl- bzw. Springblende tragen die Bezeichnung „Auto“ bzw. „Super“ im Namen.
- Anfang der 70er Jahre wurde die Mehrschichtvergütung eingeführt. Die Objektive tragen die Bezeichnung „Super-Multi-Coated“ oder „SMC“ im Namen.
- Aus Marketinggründen brachte Asahi preiswertere Varianten mit schwächeren Lichtstärken von f/2.0 und f/2.2 heraus. Diese Objektive hatten den gleichen optischen Aufbau, allerdings war die Lichtstärke durch eine eingebaute Metallscheibe reduziert.
- In den 1960er Jahren wurde zeitweise Thorium in den Gläsern eingesetzt. Die betroffenen Exemplare gelten im Vergleich zu anderen Objektive als besonders stark radioaktiv. Mein Exemplar wurde vor 1960 gebaut, so dass ich es nicht getestet habe.
- Das äußere Design wurde, wie international üblich, von silberfarben über Zebra zu schwarz verändert.
- Nach der Einführung des Ultron-Designs Ende der 50er Jahre wurde der optische Aufbau, wenn überhaupt, nur geringfügig geändert. Hierzu gibt es aber kaum gesichterte Informationen.
In der Altglasszene ist das Takumar 1.8/55 recht beliebt und weit verbreitet. Die meisten Varianten sind heute in großen Stückzahlen auf dem Gebrauchtmarkt zu günstigen bis moderaten Preisen verfügbar, wobei die lichtschwächeren Versionen günstiger sind.
Ich hatte lange die Absicht, ein Takumar 1.8/55 anzuschaffen. Selbstverständlich kam nur ein Exemplar mit f/1.8 in Frage, wobei ich gern 10 Blendenlamellen wollte. Diese Wünsche schränkten meine Möglichkeiten auf ein einziges Modell ein: das Auto-Takumar 1.8/55 von 1958. Leider gibt es zwei Gründe, die dessen Preis in die Höhe treiben: Zum einen ist dieses Modell recht selten, in dem kurzen Produktionszeitraum von 12 Monaten wurden nur rund 22.000 Exemplare gebaut [2 🔗]. Zum anderen handelt es sich um Asahi's einzigstes Objektiv im Zebra-Design, was es zu einem begehrtem Sammlerobjekt macht.
Nach langem Zögern bestellt ich Weihnachten 2023 ein sehr gut erhaltenes Auto-Takumar 1.8/55 mit 10 Blendenlamellen.
Ein zerbrochener Krug in der Abendsonne bot eine ideale Gelegenheit, das Auto Takumar 1.8/55 in einer extremen Gegenlichtsituation zu testen. Die Fotos sind mit Offenblende am Vollformat aufgenommen.
Fazit: Das Takumar 1.8/55 ist mit Sicherheit ein sehr schönes und interessantes Objektiv. Das Bokeh ist mit seinen nach außen geöffneten Ringen sehr markant. Allerdings ist der Einsatz dieses Objektivs auf wenige Situationen beschränkt. Das prachtvolle Bokeh kommt nur bei Offenblende voll zur Geltung. Bei Offenblende sind Schärfe und Kontrast im Nahbereich sehr schlecht. Bei größeren Fokusentfernungen gibt es naturgemäß kaum Hintergrundbokeh. Großes künstlerisches Potential hat das Objektiv hingegen bei Offenblende im mittleren Entfernungsbereich. Dort sind Schärfe und Kontrast besser.
Bereits beim leichten Abblenden bessern sich Schärfe und Kontrast deutlich. Die Schärfe ab f/2.8 ist beeindruckend für ein fast 70 Jahre altes Objektiv. Trotz der vielen Blendenlamellen bilden Lichtpunkte im Hintergrund bereits beim geringfügigen Abblenden unschöne 10-Ecke. Ich hatte gehofft, dass die Bokehbälle, in etwa wie bei den 12 Blendenlamellen meines Tessar 2.8/50, nahezu rund sind. In dieser Hinsicht war ich von dem Objektiv etwas enttäuscht.
Es drängen sich natürlich Vergleiche mit dem Pentacon 1.8/50 auf. Immerhin war man in der DDR zur gleichen Zeit in der Lage, die wichtige Brennweite von 50mm mit einer Lichtstärke von f/1.8 zu erreichen. Die Schärfenprobleme bei Offenblende erstrecken sich beim Pentacon 1.8/50 über den gesamten Entfernungsbereich, beim Takumar 1.8/55 nur auf den Nahbereich. Abgeblendet ist das Takumar 1.8/55 dem Pentacon 1.8/50 überlegen.
Ich kann das Takumar 1.8/55 klar empfehlen und vom Kauf einer lichtschwächeren Variante mit f/2.0 oder f/2.2 dringend abraten. Eine deutlich preiswertere Variante mit 6 Blendenlamellen ist jedoch ausreichend. Das Auto-Takumar 1.8/55 ist wegen seines Zebradesigns, der 10 Blendenlamellen und der geringen Stückzahl preislich völlig überhyped.